Der NRW-Wirtschaftsblog
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Fachkräfteoffensive NRW: Gemeinsam an einem Strang ziehen

Von Karl-Josef Laumann MdL

Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen

NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann schreibt im NRW-Wirtschaftsblog über Maßnahmen zur Fachkräftesicherung.

Der Mangel an Fachkräften ist einer der größten Herausforderungen unserer Zeit. Die geburtenstarken Jahrgänge scheiden in den kommenden Jahren aus dem Berufsleben aus. Geburtenschwächere Jahrgänge folgen. Der Klimaschutz, die Pflege, die Digitalisierung und die Erneuerung unserer Infrastruktur lassen gleichzeitig die Nachfrage nach gut ausgebildeten Arbeitskräften auf ein Rekordniveau steigen. Folgerichtig ist die Fachkräftesicherung einer unserer Schwerpunkte in der Politik.

Wir sprechen über keine leichte Aufgabe. Gewisse Rahmenbedingungen können wir nicht oder nur sehr gering beeinflussen. Die Alterung der Gesellschaft ist beispielsweise nicht ohne Weiteres zu ändern. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass die Kunst darin liegt, die Chancen zu erkennen und diese gemeinsam anzupacken.

"Fachkräfteoffensive NRW" vernetzt und optimiert Maßnahmen zur Fachkräftesicherung

Aus dieser Überzeugung heraus, haben wir in der Landesregierung begonnen, unsere Kräfte zu bündeln, und die „Fachkräfteoffensive NRW“ ins Leben gerufen. Diese ressortübergreifende Initiative vernetzt und optimiert die Maßnahmen zur Fachkräftesicherung in der Landesregierung noch stärker als bisher. Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Fachkräftesicherung ist nicht alleinige Aufgabe der Politik. Sie liegt im ureigenen Interesse der Unternehmen. Politik setzt vor allem den Rahmen, aber gesucht, eingestellt und qualifiziert werden müssen Mitarbeitende von den Betrieben. Ich bin dankbar, dass Unternehmerverbände, Gewerkschaften und viele weitere Akteure schnell signalisiert haben, die Fachkräfteoffensive NRW zu unterstützen.

Ein Schwerpunkt der Fachkräfteoffensive NRW ist die Stärkung der beruflichen Bildung. Denn wir brauchen beides: sowohl eine starke berufliche als auch eine starke akademische Bildung. Die berufliche Bildung birgt nicht nur für junge Menschen unglaubliche Zukunftschancen, sondern ist auch ein Grundpfeiler für eine zukunftsfähige wirtschaftliche Entwicklung. Wenn Menschen über eine gute Ausbildung verfügen, haben sie bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt und kommen leichter in Beschäftigung. Mit qualifizierten Fachkräften steigt zudem die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und damit zugleich die Voraussetzungen für ein Wirtschaftswachstum, das allen zugutekommt.

Wir möchten möglichst viele junge Menschen für eine Ausbildung gewinnen. Denn es ist so: Nach der Schule verlieren wir bisher immer noch zu viele Schülerinnen und Schüler. Sie befinden sich oft sehr lange im Übergangssystem und bleiben ohne beruflichen Abschluss. Deswegen werden nun mit dem im Juli 2023 gestarteten Programm „Ausbildungswege NRW“ unversorgte Ausbildungsinteressierte auf ihrem individuellen Weg zur Ausbildung von Coaches bei Bildungsträgern begleitet. So erhalten die Betriebe Unterstützung bei der Besetzung ihrer freien Ausbildungsstellen. Wir realisieren das Hand in Hand mit der Wirtschaft, um Betriebe in den Regionen und Jugendliche zusammenzubringen.

Hand in Hand mit der Wirtschaft

Eine weitere Maßnahme sind Praktika, die Kontaktmöglichkeiten schaffen und Lust auf berufliche Ausbildung machen. Dafür brauchen wir aber auch die Unterstützung der Wirtschaft. Ich bin dankbar, dass wir auf diese Unterstützung zählen können und die Wirtschaft zusätzlich die Praktikums- und Ausbildungsangebote erweitert. Diese Angebote können eine wichtige Grundlage schaffen, einen möglichst schnellen Übergang in eine Ausbildung zu unterstützen.

Um die Kinder bereits in den Vorabgangsklassen der allgemeinbildenden Schulen an die Hand zu nehmen, beginnen die „Berufseinstiegsbegleiter NRW“ im Rahmen der bekannten Landesinitiative „Kein Abschluss ohne Anschluss“, mit Schülerinnen und Schülern gemeinsam Übergänge zu gestalten und Wege in Ausbildung zu gehen. Wir möchten in diesem Zug Unternehmen dabei unterstützen, ihre freien Ausbildungsstellen passgenau zu besetzen.

Und das ist noch nicht alles: Zusätzlich werden wir sicherstellen, dass Schülerinnen und Schüler an den Berufskollegs, in den Bildungsgängen des sogenannten Übergangssektors, von über 130 weiteren „Übergangslotsen“ über konkrete Perspektiven informiert und bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz unterstützt werden, damit auch ihnen der Übergang in berufliche Ausbildung erfolgreich gelingen kann.

Wenn wir die berufliche Bildung stärken wollen, müssen wir darüber hinaus ihre Aufstiegsperspektiven aufzeigen. Dazu gehört auch die gute Vernetzung der beruflichen und akademischen Bildung. Gemeinsam mit dem Schulministerium streben wir daher eine gesetzliche Verankerung der Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildungin Nordrhein-Westfalen an. Deshalb soll für Jugendliche in der Ausbildung – wie es jetzt schon bei Studierenden der Fall ist – bezahlbarer Wohnraum („Azubi-Wohnen“) und Öffentlicher Personennahverkehr („Azubi-Ticket“ bzw. das geförderte Deutschland-Ticket) geschaffen werden.

Muss uns gelingen, arbeitslose Menschen besser mit den offenen Stellen zusammenzuführen

Im Rahmen des mehrjährigen Wohnraumförderprogrammes des Landes Nordrhein-Westfalen stehen für die Neuschaffung und Modernisierung von Wohnraum für Auszubildende und Studierende in den Jahren 2023 und 2024 jeweils 150 Millionen Euro und in den folgenden Jahren jeweils 180 Millionen Euro zur Verfügung. Das Deutschland-Ticket bietet für Auszubildende sowohl preislich wie auch im Geltungsbereich ein nochmals verbessertes Angebot gegenüber dem bisherigen Azubi-Ticket. Auszubildende können auch einen zusätzlichen Vorteil wahrnehmen, wenn der Ausbildungsbetrieb freiwillig und monatlich kündbar das Deutschland-Ticket mit mindestens 25 Prozent bezuschusst. Sie zahlen dann für das „Job-Ticket“ noch maximal 34,30 Euro selbst.

Um die Ausbildung und Qualifizierungen attraktiver zu gestalten, haben wir Mitte des Jahres 2023 zudem die Meisterprämie im Handwerk eingeführt und zahlen als Landesregierung jeder Handwerkerin und jedem Handwerker 2.500 Euro für eine erfolgreich abgelegte Meisterprüfung.

Wir setzen aber nicht nur auf Ausbildung. Denn auch das ist mir wichtig festzuhalten: Wir haben immer noch über 720.000 Arbeitslose in Nordrhein-Westfalen, davon sind fast die Hälfte, nämlich 300.000, langzeitarbeitslose Menschen. Natürlich ist mir klar, dass die Rechnung 300.000 Langzeitarbeitslose gleich 300.000 Arbeitskräfte nicht aufgeht, aber Langzeitarbeitslose abzuschreiben, ist mit mir nicht zu machen.

Es muss uns gelingen, arbeitslose Menschen besser mit den offenen Stellen zusammenzuführen. Mit etwas Unterstützung und der richtigen Förderung kann es gelingen, auch insbesondere langzeitarbeitslosen Menschen eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt und Unternehmen die dringend gesuchten Arbeitskräfte zu vermitteln.

Nordrhein-Westfalen ist ein großes Land und wir haben sehr unterschiedliche Voraussetzungen, Chancen und Aufgaben. Deshalb ist es mir wichtig, dass wir weiterhin an einem Strang ziehen. Das heißt, im engen Austausch bleiben, was gebraucht und geleistet wird – aber auch wo der Schuh drückt und was gut gelingt. Die Fachkräfteoffensive ist eine gemeinsame Initiative aller Partner. Sie ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Wir müssen nicht überall der gleichen Auffassung sein, aber wir wollen unsere Beiträge bündeln und fokussieren. Dadurch werden wir erfolgreicher sein. Ich lade jede und jeden dazu ein, den Prozess gemeinsam mit der Landesregierung voranzutreiben.

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Karl-Josef Laumann MdL

Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen

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